10.11.2012

Bel-ami - Guy de Maupassant

Seit Jahren habe ich keinen Klassiker mehr gelesen, nicht aus Desinteresse sondern nur weil es viel zu viel interessante Bücher gibt und die Zeit reicht einfach nicht für alle. Dank einem Lesekreis habe ich wieder einen Klassiker gelesen und noch dazu einen französischen Klassiker, worauf sich mein Herz als Französin sich besonders gefreut hat:-)
Natürlich las ich "Bel-ami" von Guy de Maupassant in meiner Muttersprache, und habe den Schreibstil von Maupassant richtig genossen. Aber nicht nur sein Schreibstil hat mir gefallen, die Geschichte auch. Und obwohl das ganze sich im 19. Jahrhundert abspielt, könnte so eine Geschichte in vielen Hinsichten noch sehr aktuell sein. 

George Duroy, der nach seinem Militärdienst in Afrika nach Paris zurückgezogen ist, steckt in finanziellen Schwierigkeiten und beneidet die erfolgreiche Leute. Dank einer zufälligen Begegnung  mit einem ehemaligen Freund, Forestier, und seinem Erfolg bei Frauen wird sein Leben sich schnell positiv verändern. Forestier besorgt ihm eine Stelle bei der Zeitung "La Vie Française" und stellt ihm ein paar wichtige Leute vor. Da Duroy kein besonderes Talent zum schreiben hat, hilft ihm am Anfang Forestiers Frau, Madeleine.
Duroy verdient zwar viel mehr Geld aber schafft trotzdem nicht über die Runde zu kommen. Er will immer mehr...und fängt mit Frau Marelle eine intime Beziehung an. Frau Marelles Tochter mag Duroy sehr und gibt ihm schnell den Beinamen "Bel-ami". Dieser Spitzname wird schnell von allen übernommen. Die Affäre mit Frau Marelle reicht Duroy nicht, und als Forestiers Gesundheitszustand sich rasch verschlechtert, sieht Bel-ami die Chance, sein Leben zu verbessern indem er Forestiers Frau den Hof macht. Nach Forestiers Tod heiraten sie ziemlich schnell, dadurch erreicht Bel-ami dank Madeleines Beziehungen und Schreibtalent eine sehr gute Position in der Zeitung. Aber wie immer reicht es Bel-ami nicht...der sich schon auf die "Eroberung" einer für seine Karriere wichtigere Frau macht. Wird Duroy weiter den Weg nach oben schaffen?

Man lernt durch diese Geschichte einiges über den Lebensstil von früher. Dass man sich früher Telegramme über einen Postbote zukommen lassen hat, dass die Untreue in einer Ehe durch einen Kommissär zu bestätigen war, haben wir alle vergessen obwohl wir es in der Schule gelernt haben. Aber solche Sachen sind für unsere Generation irgendwie unvorstellbar;-)

Als ich vorher meinte, dass Duroys Geschichte auch aktuell hätte sein können, war es bezogen auf "sich hoch schlafen" und wie wichtig Beziehungen in der Gesellschaft sind. Duroy hat seinen Erfolg bei Frauen ausgenutzt, ihnen Liebe versprochen und sie dann fallen lassen, wenn sie nicht mehr für seine Ziele hilfreich waren. Und obwohl seine finanzielle Situation und seine Position in der Gesellschaft viel besser sind als er je erwartet hatte, genügt es ihm nie. Er will immer mehr und beneidet weiterhin Leute, die mehr Geld oder Einfluss haben. Das ist was mich am meisten an Duroy störte: seine ständige Unzufriedenheit und seine Unfähigkeit, sich an den schönen Dingen des Lebens richtig zu erfreuen. Er vergisst woher er kommt, und strebt nur eins: Erfolg! Ihm sind die Gefühle anderer egal, seine Welt dreht sich nur um sich selbst. Aber ist es nicht immer so bei Leute, für die nur der Erfolg zählt???

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